Leymebamba ist ein kleines, verschlafenes Idyll in den nordperuanischen Anden, 80 Kilometer südlich von Chachapoyas gelegen. Beeindruckende Felsgräber der Revash-Kultur lassen sich auf einer landschaftlich reizvollen Tageswanderung erkunden.
Leymebamba und die Felsgräber Revash
In Leymebamba entspringt der Fluss Utcubamba, der sich durch das gleichnamige Tal bis in den Norden zieht. Im Dorf geht es besinnlich zu: Die Jungen spielen auf dem Sportplatz Fußball, die Mädchen spielen daneben. Am Hauptplatz sitzen stets ein paar ältere Herrschaften, die auf die wenigen Ereignisse des Tages warten. Das wären der eintreffende Bus aus Cajamarca gegen 14 Uhr und der stündliche, recht penetrante Glockenschlag der steinigen Dorfkirche.
Sensationsfund in den Nordanden
Um die Jahrtausendwende hat sich in dem ruhigen Leymebamba für immer alles verändert. Nicht weit von hier wurden bei einem See über 200 Mumien und wertvolle Grabbeigaben der Chachapoya-Kultur entdeckt. Das war ein absoluter Sensationsfund, denn trotz Grabplünderern waren die Mumien in einem äußerst guten Zustand. Es fanden aufwendige Expeditionen zu den Sarkophagen statt, um die Mumien zu bergen. Und schließlich bekam der kleine Ort ein Heimatmuseum, das Museo Leymebamba, in dem die Mumien ihre letzte Ruhestätte fanden.
Mein Tipp: Gegenüber vom Museum findet sich ein schönes Café namens Kentitambo, wo du auch Kolibris beobachten kannst.
Im archäologischen Paradies
Leymebamba ist ein wunderbarer Ausgangspunkt für die Besichtigung lokaler archäologischer Stätten und Naturwunder. Sehr bekannt ist bereits der Kondorsee, wo die besagten Mumien entdeckt wurden. Diesen kann man auf einer mehrtägigen Wanderung mit Guide und Esel erreichen. Da ich nicht so viel Zeit habe, entscheide ich mich für eine Tageswanderung zu den Felsgräbern von Revash, die ich gemeinsam mit einem deutschen Pärchen mache.
Fahrt nach Yerba Buena
Um 06:30 nehmen wir das Sammeltaxi zu dem kleinen Dorf Yerba Buena, von dem aus die Wanderung startet. Da wir bei Ankunft in Yerba Buena noch nichts gefrühstückt haben und meine Wanderkollegen ohne Frühstück genau so unbrauchbar sind wie ich, kehren wir erst einmal in einem kleinen Frühstücks-Café ein. Während wir unseren Kaffee schlürfen und das leckere Sandwich verputzen, schauen wir typisch peruanisch die dramatischen Morgennachrichten. Die Wanderung beträgt insgesamt neun Kilometer. Die ersten fünf Kilometer führen jedoch auf einer Schotterpiste entlang, auf der man besser beraten ist, ein Mototaxi oder anderes Gefährt zu nehmen.
Ya viene, ya viene!
So warten und warten wir auf ein Mototaxi, aber es möchte partout keines vorbeifahren. Wir fragen ein junges Mädchen, ob sich auch einmal Mototaxis blicken lassen würden. Darauf sagt sie überzeugt: “ya viene, ya viene“. Es kommt schon, es kommt schon. Aber wie es halt so ist, „schon“ bedeutet in Peru einfach bloß „irgendwann“. Nachdem wir uns die Beine in den Bauch gestanden haben, beschließen wir, die Strecke zu wandern. Just in diesem Moment schleicht ein privates Fahrzeug an uns vorbei und öffnet die Fensterscheibe. “Wo wollt ihr hin?”, fragt der junge Fahrer. Wir erklärtem ihm, dass wir zu den Gräbern von Revash möchten. Daraufhin dürfen wir einsteigen. Auf der holprigen und kurvigen Fahrt sind wir dankbar, mit dem Auto mitfahren zu können, denn der Weg zieht sich ordentlich. Dafür hätten wir sicher den ganzen Tag gebraucht. Angekommen am Wunschort, fragen wir den Fahrer, wie viel wir ihm schuldig sind. „Cuanto te debemos?“, frage ich. Der junge Mann schüttelt nur den Kopf, sagt kurz und bündig „nada“ und fährt uns schmunzelnd davon. Die Nordperuaner konnten sich ihre Güte und Hilfsbereitschaft bewahren, das ist mir auch an anderen Beispielen bewusst geworden. Im Süden hingegen hat die Hetzjagd auf Touristen und deren Geld viele Menschen kalt und berechnend gemacht, was schade ist. Meiner Meinung nach sind die Peruaner von Natur aus herzliche Menschen, die selbstlos und mit Hingabe anderen Personen helfen.
Bei Aufbruch unserer Wanderung überqueren wir zunächst einen weiß sprudelnden Bach über eine kleine Holzbrücke, bevor wir einem schmalen Bergpfad mitten durch die Natur folgen. Die ersten Meter führen uns durch einen schattigen Wald, bevor wir den Rest unseres Marsches durch offenes, büscheliges Land fortsetzen. Die Sonne knallt erbarmungslos vom Himmel und bringt uns schnell zum Schwitzen. Am Wegesrand entdecken wir wunderschöne Pflanzen mit bunten Blüten sowie Kakteen und Farne.
Die schwüle Luft lockt die ersten Moskitos aus ihrem Versteck. Mit unseren Augen suchen wir in der Ferne die Felswand, in der sich die Gräber befinden müssten. Doch so schnell geht das nicht, der Weg zieht sich hin und so müssen wir zunächst zwei größere Berghügel überwinden. Und da sind die Gräber! In einer deutlichen Einkerbung sind die mit Lehm gebauten Häuser in der Felswand zu sehen.
Mit jedem Schritt des Näherkommens wird der Pfad steiler und steiniger, irgendwann erkennen wir auch die rote Wandmalerei. Der Blick hinunter in das Tal, von dem wir gekommen sind, ist atemberaubend schön. Man sieht in der Ferne den gegenüberliegenden grünen Bergstrang, darüber ziehen die Wolken und Schatten in das Tal.
Höhenangst könnte einem in Revash zum Verhängnis werden, denn von den Grabhäusern, die man mit viel Balancegeschick auch betreten kann, geht es steil bergab. Was bloß die Revash-Kultur bewogen hat, ihre Mumien so zu bestatten? Für diesen exklusiven Panoramablick haben sicher einige Menschen ihr Leben auf’s Spiel gesetzt, um nicht am Ende selbst an genau diesem Ort begraben zu werden.
0 Kommentare