„Ahora chicos! Schaut alle nach rechts!” Das knatternde Kleinflugzeug macht einen abrupten Schlenker nach rechts. Mit nervösem Magen hänge ich über der Wüste von Nasca, bin den Räumlichkeiten dieser Maschine ausgesetzt und reagiere auf jede schwankende Bewegung mit einem empfindsamen “Oh jeee”.
Ich versuche, mich auf die Erde unter mir zu konzentrieren, es könnte auch der Mond sein oder ein gänzlich anderer Planet. Auffällig jedenfalls sind die vielen Linien und Muster, kreuz und quer verlaufen sie durch die graubraune Pampa in alle denkbaren Himmelsrichtungen, um schließlich mit dem grenzenlosen Nichts dieser trüben Einöde zu verschmelzen. Just an diesem Fleck hat die Nasca-Kultur (200 v. Chr. und 600 n. Chr.) kilometerlange Bilder in die Erde gescharrt, die sie in ihrem gewaltigen Ausmaß niemals so betrachten konnten, wie wir es gerade tun – sage und schreibe 2000 Jahre später! Welcher Künstler würde ein Bild malen, dessen Ganzes er nicht einsehen kann? Könnte man ein Werk wie die Mona Lisa malen, in dem man nur die einzelnen Pinselstriche sieht? Dass Außerirdische an dem Nasca-Linien-Großraum-Projekt beteiligt gewesen sein sollen, möchte die Prä-Astronautik nicht ausschließen. Der Autor Erich von Däniken schildert in seinen phantasiereichen Romanen die Entstehung altertümlicher Bauwerke unter Regie außerirdischen Lebens. Wie beliebt seine Theorien sind, belegen 63 Millionen verkaufter Bücher, darunter Bestseller. Die Wissenschaft schüttelt derweil mit Argwohn den Kopf. Natürlich sind seine kühnen Behauptungen aus der heißen Wüstenluft gegriffen, sie zeigen dennoch, wie sehr sich die Menschheit nach plausiblen Antworten sehnt. Dem wahren “Warum” ist die Wissenschaft seit Entdeckung der Linien im Jahr 1924 akribisch auf der Spur.
Bodenständiger ging die deutsche Mathematikerin Maria Reiche bei ihren Forschungsarbeiten vor. Sie verbrachte buchstäblich Jahrzehnte damit, auf staubigem Wüstenboden zu knien und die Linien zu vermessen. Reiche, die 1998 im Alter von 95 Jahren starb, vertrat die Annahme, bei den Geoglyphen handle es sich um einen großen astronomischen Kalender. Dem widerspricht wiederum die jüngere Wissenschaft, die anhand von Ausgrabungen beweisen möchte, die Linien seien heilige Wege und Orte gewesen, an denen die Menschen zeremonielle Riten und Opfergaben ablegten, um ihre Götter um Regen für diese karge Gegend zu bitten. Eine sinnstiftende Theorie, denn hier lassen sich Parallelen zu anderen alten Kulturen ziehen. Trotzdem – die Wissenschaft hat gewiss nicht ihr letztes Wort gesprochen und so bleibt reichlich Raum für die Entschlüsselung der mystischen Wüstenzeichnungen. Maria Reiche haben wir es zu verdanken, dass die über 1500 Linien und Figuren seit 1994 zum UNESCO Weltkulturerbe gehören. Nach ihr wurde zudem der Flughafen in Nasca benannt, auf dessen Landebahnen die kleinen Propeller-Maschinen gen Wüstenhimmel aufsteigen. Aus der Luft sehen die Umrisse der Geoglyphen wie dünne Fäden aus, in Wahrheit sind die Linien knapp einen Meter breit und 30 Zentimeter tief. Zu den bekanntesten Figuren gehören der Kolibri, die Spinne, der Astronaut, der Affe, der Wal und der Kondor.
“Dort unten seht ihr den Affen”, rauscht die Pilotenstimme aus den Kopfhörern in unser Ohr. Mit forciertem Blick scanne ich das 500 Quadratkilometer Wüstenareal, versuche das wilde Linien-Gekrakel in sich zu zerlegen, um darin das gewünschte Äffchen zu sehen. Urplötzlich rufen dann alle Flugzeuginsassen – zwei Deutsche, zwei Franzosen – begeistert: „Dort unten, dort unten!“ „Là en bas, là en bas!!„ Zeit zum Studieren der Symbole bleibt nicht. Unsere Ausrufe der Euphorie verschluckt stets das nächste Flugmanöver. Das hibbelige Flugzeug reißt herum und mit ihm mein Magen, der diese “Nasca-von-oben-Show” später noch einmal Revue passieren lässt. Ich weiß nicht, ob der Pilot noch einen dringenden Termin hat, ein Rendezvous oder sowas – auf jeden Fall geht mir das alles zu schnell. Wir brausen über den Wal, dann über die Spinne, später winkt uns der Astronaut zu, von dem ich sogar ein halbwegs passables Foto knipse, zack, da war der Kolibri und schnell noch ein paar geometrische Formen überflogen, die mich – mitten über der Wüste Perus – an meine Mathelehrerin erinnern. Mathematik, das ist wirklich lange her. Kurz vor Landung passiert dann noch etwas Magisches: Die Abendsonne verwandelt die staubige Wüste in eine goldgetränkte schier endlose Weite, der man am liebsten entgegenfliegen möchte. Wir landen stattdessen brav auf der irdischen Landebahn, machen noch ein paar super irdische Fotos mit Pilot Juan, bevor wir uns schnurstracks mit dem Bus aus dem Wüstenstaub machen – nach Arequipa.
Hi! Mit welchem Anbieter seid ihr geflogen? Ich habe auch einen engen Zeitplan und suche einen zuverlässigen Anbieter (Wetter natürlich ausgeschlossen).
Grüße, Uta
Hallo Uta,
es ist nun schon ein paar Jahre her (noch vor Info-Peru), leider habe ich mir das nicht gemerkt, da wir den Flug über unsere Unterkunft gebucht haben.
Liebe Grüße,
Nora